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Spiegelbild des Frontelements des Nikkor 105mm f/2.8G, aufgenommen mit der Kamera, die auf den Vergrößerer gerichtet ist, wobei ein Spiegel anstelle eines Films in der Negativbühne platziert wurde.

Filme digitalisieren ohne Scanner

Die Umwandlung von Schwarzweiß-Negativen im 35mm-Format in digitale Positive ist von großem Interesse. In diesem Zusammenhang ist die Möglichkeit einer 1:1-Abbildung, die das Micro Nikkor 105mm f/2.8 G VR ED in Kombination mit einer hochauflösenden Vollformatkamera bietet, sehr attraktiv.

Ich verwende den Vivitar VI Vergrößerer und stelle den Kondensor auf die Position für das Mittelformat, um eine gleichmäßigere Lichtverteilung zu erzielen. Die Kamera wird auf einem stabilen Stativ oder einer anderen festen Halterung (wie unten beschrieben) montiert und vertikal nach oben in den Vergrößerer gerichtet. Dabei bleibt das Kameraobjektiv montiert, während das Objektiv des Vergrößerers entfernt wird. Um die Sensorebene parallel zur Filmebene auszurichten, wird ein Spiegel in die Negativbühne des Vergrößerers eingesetzt. Die Kamera wird dann so positioniert, dass das Spiegelbild des Objektivs zentriert ist (siehe Bild links). Diese Ausrichtung kann durch das Einblenden eines Gitternetzes im Livebild mit Tethering-Software erleichtert werden. Anschließend lassen sich Bildausschnitt und Schärfe durch Bewegen des Vergrößerers und/oder Drehen des Fokusrings am Objektiv justieren. Zurzeit verwende ich die Tethering-Software qDslrDashboard (da digiCamControl meinen PC zum Absturz brachte), mit der ich meine D800 über den PC steuere. Die Live-View-Funktion ermöglicht komfortables Fokussieren, sofern das Bild etwas kleiner als der volle Sensorbereich ist (die Kamera benötigt etwas Spielraum zum Scharfstellen). Die reproduzierten Negative lassen sich einfach per Tonwertkurve in Positivbilder umwandeln, weitere Bildbearbeitung ist wie gewohnt möglich.

Santorini
Santorini 2005. Reproduktion mit D800 und Micro Nikkor 55mm f/2.8 AI-S plus Zwischenring PK13 bei Blende f/8. Das Original wurde mit der Nikon F3 und vermutlich dem Nikkor 105mm f/2.5 AI-S aufgenommen.
Mitte: 105mm bei f/11.

Mitte: 55mm + PK13 bei f/5.6.

Tests mit dem Micro Nikkor 55mm f/2.8 AI-S, das nur bis 1:2 vergrößern kann, weckten hohe Erwartungen. Die Ergebnisse mit dem 105mm Micro Nikkor waren jedoch etwas enttäuschend. Wie unten erläutert, ist die Schärfe des 105mm-Objektivs bei 1:1 zwar akzeptabel und relativ gleichmäßig über das gesamte Bild (bei optimaler Blende), aber das Korn erscheint bei 100%iger Vergrößerung der RAW-Datei unscharf, und feine Bilddetails wirken leicht weich. Im Vergleich dazu liefert das 55mm-Objektiv mit dem PK13-Zwischenring (ebenfalls 1:1) eine bessere Schärfe in der Bildmitte. Die Ecken sind deutlich schwächer als die Mitte, aber immer noch etwas besser als beim 105mm-Objektiv. Weitere Informationen zu diesen und anderen Makroobjektiven finden sich auf coinimaging.com oder auf der Webseite von Bjørn Rørslett.

Links und unten sind einige Bildausschnitte dargestellt. Für jedes Objektiv wurde eine Serie von Aufnahmen gemacht, wobei jeweils die Blende verändert wurde. Nach jeder Änderung wurde gewartet, bis mögliche Vibrationen abgeklungen waren, und der Auslöser wurde mit einer Spiegelvorauslösung von 3 Sekunden betätigt. Beim 105mm-Objektiv war die VR-Funktion (Vibration Reduction) natürlich ausgeschaltet. Die gezeigten Bilder sind zugeschnitten und stellen die Blenden dar, die visuell die besten Ergebnisse lieferten. Auf dieser Webseite sind die Bilder leicht verkleinert dargestellt. Visuell optimal war f/11 für das 105mm-Objektiv (Mitte und Ecke), wobei f/8 nah dran ist. Beim 55mm-Objektiv lieferte die Mitte bei f/5.6 die besten Ergebnisse, die Ecken hingegen bei f/8 oder f/11.

105mm bei f/11 (Ecke).
55mm + PK13 bei f/11 (Ecke).

Zusammenfassend liefert das Micro Nikkor 55mm f/2.8 AI-S mit dem PK13-Zwischenring bei dieser Methode eine bessere Bildqualität als das 105mm f/2.8 G VR ED. Leider muss beim 55mm manuell fokussiert werden (bei Offenblende und 100% Live-View-Vergrößerung). Ist die Kamera jedoch einmal korrekt ausgerichtet, lässt sich eine Serie von Negativen problemlos reproduzieren. Mit einem passenden Umwandlungs-Preset in der Software ist diese Methode vermutlich deutlich schneller als jedes herkömmliche Scanverfahren.

Das Setup.

Das Bild links zeigt das aktuelle Setup. Die Kamera (D800) ist über einen soliden Kugelkopf auf einer MDF-Platte montiert und wird dauerhaft mit Strom versorgt. Sie wird im Live-View betrieben und ist mit dem PC verbunden. Der Einsatz des Nikkor 105mm f/2.8 G ist aus Komfortgründen gewählt, obwohl dies etwas Schärfe kostet (siehe oben), da mit qDslrDashboard bei jedem Weiterschieben des Filmstreifens per Klick neu fokussiert werden kann. Da das Licht des Farbkopfs im Vivitar VI recht intensiv ist, lässt sich das Setup auch bei Tageslicht betreiben. Übliche Belichtungszeiten bei Blende f/8 liegen zwischen 1/250 s und 1/1000 s. Die D800 kann den typischen Dynamikumfang von Filmnegativen problemlos erfassen. Bei korrekt belichteten und entwickelten Negativen war eine Belichtungsreihe bislang nie notwendig.

Im Februar 2019